Lorenz Scheck

Eine späte Widmung


Ich habe den Lyrikband „Ansichten eines Fisches“ meinem Großonkel Lorenz Scheck gewidmet, der auch Lyrik geschrieben hat!

Wir haben uns nie kennenlernen können, weil er am 25. Mai 1941 in Kreta gefallen ist. Er war damals 25 Jahre alt und hat seine Kriegserlebnisse und vor allem sein Erleben in Gedichten und kurzen Geschichten festgehalten, wohl auch verarbeitet und hat noch bis ganz kurz vor seinem Tod geschrieben. Lorenz muss ein sportlicher lebenslustiger junger Mensch gewesen sein, der in den Mühlen der Geschichte zermalmt wurde. Aufgewachsen ist er im Chiemgau am Rande der Berge, die er liebte. Zu Beginn des Krieges kam er als Soldat zu den Gebirgsjägern nach Berchtesgaden, das war eine „Eliteeinheit“, die bei den Eroberungsfeldzügen auf schwierigem Terrain in erster Linie eingesetzt wurden – und er hat sich wohl mit diesen auch identifiziert. Seine Einheit hat unter anderem am Frankreichfeldzug 1940 („Ein Abend in Ailette“), wo er bereits verwundet wurde und dann am Griechen-landfeldzug teilgenommen. Vielleicht war es gut, dass er schon am vierten Tag in Kreta fiel, denn so hatte wohl keine Schuld gegenüber der drangsalierten griechischen Bevölkerung mehr auf sich laden müssen.

Im Internet habe ich unter folgender Adresse noch einige Informationen über ihn gefunden:
http://www.kriegsopfer.org/Denkmale/Griechenland/Galatas/Scheck_Lorenz_Sonderseite.html
Seine Gedichte zeigen einen sensiblen, denkenden Menschen, der in einen brutalen, menschen- verschlingenden Krieg ziehen musste. Sie zeigen das Empfinden eines jungen Menschen in Extremsituationen mit all seinen Schattierungen und Widersprüchlichkeiten. Und das berührt mich als jemanden, der in der reichen, sanften und sicheren Welt der Bundesrepublik mit all ihrem Luxus und mit all ihren Entfaltungsmöglichkeiten aufwachsen durfte und nicht in einer menschen- verachtenden, totalitären Diktatur.

Lorenz Scheck war in diesem Weltverbrechen einer der „Bösen“, ein Wehrmachtssoldat, der Schrecken der damaligen Welt und er war einer jener vielen Missbrauchten, die in ihm verschlungen wurden. Menschen wie er sollten uns daran denken lassen wie vielschichtig und relativ die Begriffe „gut“ und „böse“ sind, wie sträflich undifferenziert diese in unserer Welt gebraucht werden und wie leichtfertig das Leiden und der Tod der „normalen“ Menschen und wie einseitig entmenscht die „Bösen“ oft dargestellt werden. Ich denke an so viele populäre Filme und Serien wie z.B. an die namenlosen Sturmtruppen in der Star Wars Saga oder die „bösen“ Perser im faschistoiden Machwerk „300“.

Es gibt nicht das „Böse“, keinen Imperator, keinen Lord Voldemort, keinen Goldfinger, keinen Pinguin, so wie es nicht das „Gute“ gibt, es gibt nur Menschen mit Gefühlen und vielen Facetten und die können freilich verblendet, skrupellos, extrem brutal sein und sehr böses tun. Aber es sind Menschen, die aus Motiven und Zwang handeln.
Ich würde mir und ihm auch sehr wünschen, dass man diese Thematik in der Geschichte heute endlich anders behandelt und „große Männer“ wie Julius Cäsar oder Napoleon als das dargestellt werden was sie waren: skrupellose Machtpolitiker, Massenmörder, deren Taten auf Leichenbergen und dem Leiden von Millionen beruhen! Dass man endlich beginnt, Geschichte mehr aus der Sicht dieser Menschen zu erzählen und lehren!

Jeder Tote war einer Mutter Kind!
Jeder Tote war einst ein lebendiger Mensch mit Gefühlen, Hoffnungen und Ängsten, mit Freuden und Leiden, so wie Lorenz.

Denken wir an diese Menschen, vor allem wenn wir an die Zukunft denken!

Ankunft auf dem Flugplatz Maleme in Kreta