Wahlkampf, Rammstein und der Liberalismus

Inzwischen hängen sie wieder, die Plakate, die berühmten Wahlkampfplakate denn bald ist wieder Landtagswahl – das Hochamt der Demokratie in Bayern. Ich war kurz in München ließ mich von ihnen inspirieren.

„Bayern – unser Land in guter Hand“ – das spricht mich natürlich vollkommen an und beruhigt mich. Es stammt von unserer großen bayerischen Staatspartei, die uns seit Generationen mit milder wie väterlicher Hand durch die Unbill der Welt führt. Wie hieß es letztes Mal: „In Bayern lebt es sich einfach besser“ – ein klares Argument für die Regierungpartei. Ich fühle mich erinnert an das Buch von Herbert Riehl-Heyse „CSU – die Partei, die das schöne Bayern erfand“ oder an Sprüche von Gerhard Polt wie: „Ich trinke Jägermeister – weil ich CSU wähle“. Daneben die Plakate von Hubert Aiwangers Partei, dem Juniorpartner in der Regierung und dem bekannten Teilzeitkabarettisten (kleines Beispiel) – der sich als Regierungsmitglied (angeblich ist er Wirtschaftsminister)  ja „die Demokratie zurückholen will“ – soweit ich kapiert habe aus Berlin. Mich erinnert das dann an Donald Trump, den einzigen regierenden Präsidenten der Weltgeschichte, der durch Wahlbetrug der Opposition sein Amt verlor. Mit ihm sollte man wirklich Mitleid haben!

Die Plakate der „Freien Wähler“ zeigen einen durchgestrichenen Kreis. Klar denk´ich mir, man soll ein Wahlkreuz machen – wo steht aber nicht dabei. Man kann es nur erahnen, dass sie sich selber meinen. Ein weiterer Text steht nicht dabei – den findet man auf einem zweiten Wahlplakat von ihnen: „Wohnraum muss bezahlbar bleiben“ – mit einem Bild der schönen Münchner Stadt. Mich erstaunt es zum einen, weil der Wohnraum ja schon lange nicht mehr bezahlbar ist, zum anderen, weil ich diese Partei noch nie mit diesem Thema in Zusammenhang gebracht habe.

Die Opposition macht es da sicher besser! Der SPD-Kandidat erinnert mich an Dilbert – ich möchte ihn in den Arm nehmen und erklären, dass die Welt nicht so schlimm ist, wie sie scheint. Ein anderer SPD-Kandidat, dessen Plakat ich aus dem Bus erspähe zeigt mit dem Finger auf mich – aha – er will was von mir!? Scheint irgendwie unangenehm, den wähl ich lieber nicht. Leider sehe ich auf meiner nur kurzen Fahrt keine Plakate dieser Partei mit einer Aussage. Die Grünenkandidatin „Sanne“ will mich einladen, mit ihr irgendwie ein Bier zu trinken und über Politik zu diskutieren – das machen der Markus und der Hubsi von der Regierung nicht. Aber ich wohne ja gar nicht in Münchnen und Zeit hab ich auch nicht.

Für die FDP warb Helmut Markwort, ehemaliger Mitherausgeber und Gründer des „Focus“ mit einer Veranstaltung mit dem Titel: „Fragen sie Christian Lindner“. Mir fiel dazu nur ein, dass ich nicht glaube, ich hätte irgendeine eine Frage, mit der ich mich ausgerechnet an den Herrn Lindner wenden würde. Halt, ich könnte ihn ja fragen, ob er bei seiner schönen, teuren Hochzeit auf Sylt ein paar Punks getroffen hat – aber es geht ja hier um die Landtagswahl in Bayern. Ich bekämpfe den in mir aufsteigenden Gedanken, dass das Engagement von Herrn Markwort irgendetwas mit der politischen Ausrichtung des „Focus“ zu tun haben könnte, Ach Gott, und dann fällt mir noch die Bild-„Zeitung“ ein, jetzt nur an was anderes denken.

Leider sah ich diesmal keine Plakate von der MLPD. Die kommunistische Splitterpartei wirbt bei jeder Wahl um den „Sozialismus“ – die Lösung aller Krisen – und Solidarität mit Kurdistan. Das zeigt dem Wähler Konsequenz und Beständigkeit – das sind die Themen, die den normalen Münchner Wähler beschäftigen und ihm aus dem Herzen sprechen.

Plakate von der Linken sah ich nicht, bin mir aber auch nicht sicher, ob es die in Bayern überhaupt gibt.

Auch von der AfD sah ich diesmal nichts, das wunderte mich dann doch. Nur ein selbstgemachtes Plakat, welches prominent am Balkon eines möglichen Sympathisanten hing: „Dreck´s Politiker“. Damit ist wohl die Kernaussage dieser Partei getroffen und ich gehe mal davon aus, dass sie damit nicht ihre eigenen Politiker meinen. Kurz denke ich darübe nach, ob ich mich trauen würde, dem Urheber des Plakates zu erklären, das die deutsche Kultur, die er wohl als bedroht ansieht auch die deutsche Rechtschreibung umfasst.

Wahlplakate wären zu kurz im Blickfeld des Betrachters, der ja in der Regel Verkehrsteilnehmer ist, um eine komplexe Botschaft zu vermitteln, so sagte vor kurzem ein Experte im Radio  – dennoch wären sie eine entscheidende Einrichtung um Präsenz zu zeigen und das Wahlverhalten zu beeinflußen. Es war ja auch nur eine kurze Fahrt durch München und ich sah leider nur ein paar Plakate, ich gehe mal davon aus dass ich viele überzeugende Plakate nicht sehen konnte.

Am Gießinger Bahnhof endlich die Plakate der Partei „Die Partei“: Sie fordert auf ihren Plakaten das Verbot der Wahlplakate. Selten hat mir ein Wahlplakat derart aus dem Herzen gesprochen.

Weil grad die FDP vorkam – ich habe wieder mal ein Buch von Francis Fukuyama gelesen, das ist der, dem unterstellt wird, das „Ende der Geschichte“ und den Triumph des westlichen liberalen Modells propagiert zu haben. Fukuyama meint dazu, er hätte diese Aussage mit einem Fragezeichen gestellt – aber auf solche Details wollen wir und hier nicht kaprizieren. Er widmet sich in diesem Buch der Frage nach der Krise des Liberalismus. Nun ist bei uns der Begriff „Liberalismus“ ja leider bei vielen sehr einseitig durch die FDP und den sogenannten Neoliberalismus besetzt. Man muss sich aber klar machen, dass der Liberalismus weit über den von diese Partei propagierten Wirtschaftsliberalismus hinausgeht. Die FDP-Anhänger werden mir jetzt vorwerfen, dass sie den Begriff Liberalismus nie so eng gesehen haben – das mag sein, aber ich habe den Eindruck, dass das nicht in einer breiteren Schicht der Öffentlichkeit ankommt. Der Liberalismusbegriff, von dem ich ausgehe, hängt eng mit dem Bild vom Menschen zusammen, welches sich mit der Aufklärung entwickelt hat. Dieses Menschenbild geht von der Individualität des Menschen und dem Wert dieser Individualität aus. Es ist ein Menschenbild, welches den Menschen als ein Wesen sieht, das nicht in Abhängigkeit von einem höheren Wesen agiert oder steht und welches seinen Wert nicht nur durch die Erfüllung seiner Rolle in einer Gesellschaft erhält. Es steht damit in deutlichem Gegensatz zu religiösen gottbezogenen Weltbildern in denen der Mensch dem Willen Gottes untergeordnet wird und zu totalitären, in welchen die Gesellschaft oder Nation an sich, als übergeordneter Wert gesehen wird, dem sich der Einzelne unterzuordnen hat. Mir macht es Angst, dass nicht nur der Begriff Liberalismus sondern auch die liberalen Inhalte und Forderungen in der Politik zunehmend von autoritären Positionen angegriffen werden. Meines Erachtens kann es eine illiberale Demokratie, wie sie Victor Orban fordert überhaupt nicht funktionieren weil sie, qua definitionem, ja die offene Gesellschaft, die Vielfalt der Ideen und Lebensweisen ablehnt und damit die demokratische Meinungsbildung unterdrückt. Ich denke auch, das nur eine liberale Gesellschaft letztendlich die Ideen entwickeln kann, um die Probleme der Menschheit wie des Planeten in den Griff zu bekommen und wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt zu generieren (Oh Gott, was für eine Behauptung – die muss ich mal untermauern). Ich denke, dass es keine menschengerechte Gesellschaft geben kann, die nicht das Gleichgewicht zwischen der freien Entfaltung des Individuums und der gesellschaftlichen (ökologischen) Gerechtigkeit anstrebt.

Doch noch ein kurzes Warum: Autoritäre Strukturen lenken und engen ein, indem sie abweichende Meinungen nicht zulassen bzw. deren Verbreitung unterdrücken. Sie verzichten auf echte Kontrollmechanismen ihrer eigenen Macht und ergreifen Massnahmen um ihre Macht zu erhalten. Aus diesem Grund wird Kritik (und die ist notwendig um Irrwege zu erkennen und zu korrigieren) unterdrückt und der Rechtsstaat ausgehebelt. Ein wichtiger Schritt dazu ist es, die Gewaltenteilung auszuhebeln (wie es der feine Herr Netanjahu gerade versucht) damit die Gerichte nicht mehr der Politik ans Bein pinkeln können. Gibt es keinen Rechtsstaat mehr steigen Rechtsunsicherheit und Korruption. Ersteres bedeutet, dass Unternehmen und Investoren sich nicht darauf verlassen können ihr Eigentum zu behalten und in der Folge nichts mehr investieren. Zweiteres weil, derjenige, der an öffentliche Aufträge kommen will, keine Möglichkeit hat, gegen Benachteiligung zu klagen – er muss statt dessen bestechen, eine andere Möglickeit bleibt ihm kaum.

Man darf also gespannt sein, wie es im zunehmend autoritären China unter Herrn Xi weitergeht, nachdem das Land unter seinen (relativ) liberalen Vorgängern ja eine rasante Entwicklung hingelegt hat.

Jetzt wird´s eigentlich viel – deshalb nur ganz kurz noch was zu Rammstein, da muss ich auch noch mal was längeres schreiben. Abgesehen davon, dass ich die Band noch nie mochte, finde ich das „System Lindemann“ zur Damenzufuhr einfach widerlich. Vor allem auch deswegen, weil es ein Pyramidensystem darstellt, welches die Erfüllung der Bedürfnisse eines einzelnen Herren über die Bedürfnisse vieler anderer stellt (Mr. Spock lässt grüßen!). Zum Zweiten, weil es sowohl für Männer als auch für Frauen toxisch ist. Für Männer wohl deshalb, weil es das Bild erzeugt, ein hypermaskuliner testosteronüberladener Star bekommt jede Frau, die er haben will – und damit wohl für viele ein erstrebenswertes Ideal darstellt. Für Frauen auch deshalb, weil es die Vorstellung erzeugt, dass Frauen „es“ ja „wollen“, dass sie es “ mit einem machen“, wenn man sie nur etwas „ermuntert“. Auch das ein verheerendes Bild, weil es die Vorstellung von Frauen als willige Sexualobjekte erzeugt. Mich hat die Rammsteingeschichte zu einer kleinen Geschichte inspitiert: Aschenputtel

Drittes Opfer ist die Kunst, denn die umstrittenen (ich finde die Gedichte zum Teil schlecht und unsäglich) Texte werden zur Kunst erhoben, perverse Gedichte von Herrn Lindemann werden von einem renomierten Verlag herausgebracht und gegen Kritik verteidigt, wahrscheinlich um die Popularität des Sängers als Verkaufsargument zu nutzen. Unter dem Deckmantel des lyrischen Ichs werden dort Vergewaltigungsfantasien banalisiert und mit der Freiheit der Kunst argumentiert. Ja, die Freiheit der Kunst ist ein hohes Gut – aber geht mit Freiheit nicht auch Verantwortung einher?

 

P.S.:

Hier wieder mal ein schönes Beispiel für ein SPD-Plakat – der Mensch seht eben nicht im Mittelpunkt sondern der Text.

Achja, bevor ich´s vergess: Die Vereinigten Arabischen Emirate haben dem ehemaligen Bayerntrainer Per Guardiola endlich soviel Geld gegeben, dass er mit seinem Spielzeug Manchester City die Championsleague gewinnen konnte. Da wird es die Qataris ärgern, dass ihr Spielzeug Paris SG regelmäßig ausscheidet. Mist aber auch. Einsam führt in diesem Wettbewerb der Putin-Freund und Oligarch Roman Abramovic, desssen Spielzeug Chelsea schon zweimal gewonnen hat. Die „Emirates“, wie sie cool genannt werden machen sich international auch dadurch beliebt, dass sie die Russlandsanktionen unterlaufen und gestressten russischen Oligarchen Zuflucht gewähren – also ein prima Ferienort, nein, das heißt Destination, für uns Putinfreunde, solange wir nicht schwul sind.

Apropos Putin: Nach dessen Sicht war ja der Zusammenbruch der Sowjetunion die schlimmste geopolitische Katastrophe der jüngeren Geschichte (ob das die anderen Osteuropäer das auch so sehen?). Ich hab mir dann gedacht, dass der Tod des Hundes ja die größte geopolitische Katastrophe des Flohs ist und die Entwurmung des Hundes wohl für den Bandwurm.

Und Laura Müller, von der ich letzte Mal geschrieben habe – die verlangst offensichtlich 35 Euro für ihre Fotos. Und da kommt mir echt der Gedanke; Wer kauft diese Bilder – wenn das Internet voll mit kostenlosen Nacktfotos ist???

Mit diesen schönen wünsche ich den Lesern einen schönen Restsommern!

 

 

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