Corona, Erbschaften, Islamismus und der Herbst

Corona, Erbschaften, Islamismus und der Herbst

Jetzt hab` ich länger nix geschrieben – seit Anfang September. Es war ziemlich viel Stress und mein eigener Gesundheitszustand war auch nicht gut und ich konnte mich kaum konzentrieren. Trotzdem gibt es natürlich sehr viel, was mich beschäftigt hat. Die zweite Corona-Welle, die im Moment sehr beängstigende Ausmaße annimmt. Einige Artikel über Wirtschaft und schließlich die neuesten Fälle von islamistischem Terror, der Fall des französischen Lehrers Samuel Paty, oder der Anschlag in Dresden. Also:

Corona

Im Moment explodieren die Zahlen und haben – ich möchte nicht sagen fast etwas Apokalyptisches an sich und der Winter hat noch nicht mal begonnen. Sicher, die Todeszahlen sind sehr niedrig und offensichtlich sind die Behandlungsmethoden besser geworden. Aber es ist wieder dieses Gefühl der Ohnmacht und Unsicherheit da – so wie im Frühjahr. Die Gedanken, ob ich nicht doch die Klavierstunde absagen soll, oder den Termin bei der Physiotherapie – und zum Frisör müsste ich eigentlich auch – aber jetzt? In der Schule ist die Situation – Maskenpflicht im Unterricht sehr unangenehm, man versteht sehr viel weniger, man nimmt die Mimik der Schüler und Kollegen kaum mehr war…, zwei Kollegen wurde infiziert, die Einschläge kommen näher. Ich habe mal nach der berühmten spanischen Grippe (Ärzteblatt) gegoogelt mit damals  weltweit vielen Millionen Toten. In Deutschland gab es damals – unter unsäglichen hygienischen und humanitären Bedingungen etwas mehr als 400.000 Tote (sehr grob geschätzt) bei etwa 60 Millionen Einwohnern (heute sind es 83 Millionen) in drei Wellen. Ich will das jetzt nicht mit Corona vergleichen – aber ich denke mir, dass es heute wohl wesentlich weniger wären – vielleicht auch nur 10.000 – so wie im Moment. Global gesehen wütet das Virus ja sehr heftig – und die Intensität nimmt nicht ab – und ich blicke wie das Kaninchen auf die Schlange und kein Ende in Sicht.

Ich persönlich merke, dass ich immer wieder mit meiner Angst (vor der eigenen Endlichkeit und Ohnmacht)  kämpfe, gleichzeitig eine große Wut auf diejenigen entwickle, die sich in so einer Situation ignorant und  destruktiv verhalten und ich fühle mit denjenigen, deren Existenz im Moment bedroht ist (nicht nur die physische sondern die wirtschaftliche). Ich sehe aber in so einer Krise vielleicht auch die Chance der Gesellschaft wieder mehr zur Besinnung zu kommen. Ich meine das in dem Sinne, dass ich oft den Eindruck gehabt habe, dass viele Menschen gerade in Wirtschaftskreisen davon ausgegangen sind, dass sich die Weltwirtschaft – quasi wie in einer virtuellen Welt- losgelöst von jeder Realität – endlos, ja maßlos weiterentwickelt. Und viele Menschen haben – meiner Wahrnehmung nach- geglaubt, in einer Welt zu leben in der alles selbstverständlich ist. In der man eine Garantie hat, mindestens 80 Jahre bei guter Gesundheit zu leben, jedes Jahr mehrfach in den Urlaub zu fliegen und zu konsumieren, zu feiern,  zu konsumieren, zu feiern, zu konsumieren, als wäre das alles Gottgegeben und als gäbe es kein Morgen. Und man wäre gleichzeitig gegen jede Unbill versichert – oder es gebe zumindest einen Schuldigen, den man anklagen könnte -ein Deutschland oder Europa als Insel der Seeligen, losgelöst von den Realitäten dieser Welt. Vielleicht ist das auch eine der Ursachen, warum so viele (im Moment?) irrationalen Weltbildern bzw. absurden Verschwörungstheorien nachlaufen – die Kränkung darüber, dass ihr „Weltanspruch“, ihre Sicherheit und auch ihre Eitelkeit und Bequemlichkeit in Frage gestellt wird – nun nicht mehr gelten soll.

Ich halte die Coronakrise daher auch für eine Chance, wieder demütiger an das Leben, an die Existenz heran zu gehen. Es ist eben nicht alles sicher, es ist nicht alles selbstverständlich und – das Leben ist kostbar – jedes (menschliche) Leben. Wir müssen bewusst damit umgehen. Die freie Gesellschaft, die Demokratie, das Recht auf Bildung, auf körperliche Unversehrtheit, auf die Teilhabe am (materiellen) Fortschritt – das sind alles Dinge, die eben nicht selbstverständlich sind, sondern für die die Menschen jahrhundertelang kämpfen mussten. Es sind die Errungenschaften der Aufklärung, den Menschen als ein Wesen von eigenem Wert zu sehen (unabhängig von einem „göttlichen Wert“) und damit verbunden die Offenheit Fragen zu stellen und Wissenschaft zu betreiben. Und damit wiederum die Chance, Erkenntnisse zu gewinnen und den materiellen und medizinischen Fortschritt zu erzielen der uns unser gutes, sorgloses Leben erst ermöglicht. Ich finde es wichtig, das nie zu vergessen, das nie als selbstverständlich zu erachten und dafür zu kämpfen!

 

Erbschaft

Ich habe ja vor einiger Zeit einen Text zum bedingungslosen Grundeinkommen verfasst – jetzt habe ich wieder zwei interessante Texte gelesen. Zunächst ein  Interview mit Thomas Piketty auf brand1, indem er beklagt, dass mit Erbschaften die größten sozialen und wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten darstellen, weil sie – per Zufall der Geburt einige stark bevorteilen und die meisten in die Röhre schauen und unsere sozialen Unterschiede nicht nur zementieren sondern vergrößern. Ich halte das auch für eine wesentliche Ursache der großen sozialen Schieflagen unserer Gesellschaft(en). Ich denke, etwa in München kann sich fast nur ein Haus leisten, wer eines erbt – ohne irgendeinen eigenen Verdienst dazu erbracht zu haben- während viele hoch qualifizierte, gutverdienende Menschen darauf keine Chance haben (von Leuten wie Polizisten oder Altenpflegerinnen gar nicht zu sprechen). Ich halte das für eine wesentlichen Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft. Wenn ich dann lese, dass der Steueranteil an Erbschaften gerade mal zwei Prozent beträgt – dann bleibe ich sprachlos zurück. Warum beträgt der Steueranteil an menschlicher Arbeit denn soviel mehr? Warum wird nicht ein gewisser Anteil der Erbschaften – sagen wir 25 % – das wären dann jedes Jahr etwa 100 Milliarden Euro- in gesellschaftliche, soziale Bereiche investiert, wo dringender Bedarf herrscht, wo sie der Gesellschaft zu kommt – die ja das Eigentum des Einzelnen so gut schützt? Man könnte dieses Geld etwa in die Pflege, die Gesundheitsvorsorge, die Bildung investieren? Der Bekämpfung von Armut oder Aufstockung von Renten für Mütter? Steuerliche Entlastung von Arbeitseinkommen? Thomas Piketty schlägt eine „Erbschaft für jeden“ von 120.000 Euro vor. Ich halte genau das aber für genauso wenig sinnvoll wie das Grundeinkommen – Gießkannenprinzip statt gezielter Einsatz an den Stellen, wo es sinnvoll wäre. Wenn wir jetzt noch das Geld dafür aufbringen – etwa durch den „allgemeinen Gelddrucker“…- doch halt, dazu habe ich auch etwas interessantes gelesen: Die amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin Stefanie Kelton meint, dass es durchaus sinnvoll sein kann ungedeckt „Geld zu drucken“ – aber – eben nur, wenn es für etwas investiert wird, was zu einer Erhöhung der volkswirtschaftlichen Produktivität führt. Sie führt hier als Beispiel die Einstellung arbeitsloser Lehrer(innen) an um Kindern größere Bildungschancen zu kommen zu lassen und diese dann zu einer tragenderen Rolle in der Gesellschaft zu befähigen. Eigentliche das alte Schema, sich Geld zu leihen/zu drucken um sinnvolle Ressourcen zu fördern. Ich halte diese Ansätze für ungleich sinnvoller – als Erbschaft für jeden und bedingungsloses Grundeinkommen.

Islamismus und ….

ja, das Schicksal des französischen Lehrers trifft mich sehr – und ich denke, dass wir in unserer Gesellschaft endlich beginnen müssen uns auch mit dem Thema Islamismus ernsthaft auseinanderzusetzen – und eben nicht so oberflächlich und entschuldigend wie bisher. Ich denke, hier geht es sehr viel um das Thema: falsche Rücksichtsnahme, mangelnde Kommunikationsfähigkeit (und -bereitschaft) und natürlich sehr um das Problem der Identität von Menschen in einer Zuwanderungsgesellschaft. Ich werde versuchen meine Gedanken dazu aber mal in einem anderen Text formulieren – das überfordert mich im Moment – und hier.

Und eigentlich ist ja Oktober und es ist Herbst und ich finde der Herbst verdient auch es in seiner Schönheit und seinen wahrgenommen zu werden…ich will ihm eine Chance dazu geben, denn er kann ja nichts für diese Welt!

 

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