Von Konstantin Wecker zu Zardoz

 

Wie immer, wenn mir was im Kopf umgeht und ich etwas schreibe kommt mir jemand anderes zuvor, diesmal war es Lamya Kaddor, die ich sehr schätze mit ihrer Kolummne Wie Joe Biden den Abstieg des Westens beschleunigt. Sie schreibt darin sehr vieles von den Gedanken, die mir ganz ähnlich kommen, vom Verrat an den westlichen Werten und an den Menschen, die auf sie vertrauten, vom Alleinlassen der Menschen in Afghanistan, wie zuvor schon in Syrien und anderen Ländern. Von den damit verbundenen negativen Folgen und dem Verlust von Einfluss in dieser Welt, die Ordnung und Hoffnung so nötig hat. Vielleicht wirkt sie hierbei  glaubwürdiger als ich, denn sie ist Muslima.

Ich habe viele meiner Gedanken zu diesem Thema ja schon in den vergangenen Texten geschrieben – jetzt habe ich noch einmal einen längeren Text unter dem Titel Zardoz geschrieben: Darin geht es um die Widersprüchlichkeiten der heutigen Welt, die Notwendigkeit, unsere Zivilgesellschaft zu schützen und zu fördern und um die Gefahr, die ich in der Verführung der Menschen durch Populismus und autoritäte Systeme, durch vermeintlich einfache Lösungen. Warum der Text „Zardoz“ heißt? Da muss man ihn lesen!

Dazu drei längere Anmerkungen:

1.) Ich habe mehrfach versucht, Lamya Kaddor zu kontaktieren, weil sie in einem Artikel auf der Webseite qantara schreibt, es fehlt ihr an einem Dialog zwischen Muslimen und Atheisten. Ich fände das auch sehr spannend, aber sie hat nicht zurückgeschrieben. Wenn mir einer hier helfen kann? Qantara ist sowieso eine tolle Seite für jeden, der sich für die muslimischen Länder, ihre Kultur, ihre Probleme und Entwicklung sowie die Beziehungen zwischen ihnen und dem Westen interessiert – und es ist eine ideologiefreie Seite.

2.) Ich war in meiner Jugend immer ein großer Konstantin-Wecker-Fan, ich war immer ein großer Bewunderer seines eleganten und gekonnten Umgangs mit der deutschen Sprache und natürlich seiner Musik, seiner Leidenschaft. Vor kurzem habe im Radio ein neues Lied, Utopia von ihm gehört. Ich habe es nicht ausgehalten, habe es nach nicht einmal einer Minute abgeschaltet. Warum? „ohne ehrgeiz, ungehetzt, alle leben nur im jetzt“, Im weiteren Liedtext schreibt er zwar: „nennt mich einen Spinner“ „nennt es weltfremd“ und  aber ich konnte den Text einfach nicht ertragen. Ich denke wir leben in einer Welt, die uns vor große Probleme und Herausforderungen stellt. Innerhalb unserer Gesellschaft habe ich ein Problem mit den Leuten, die den großen Vereinfachern folgen (Populisten wie Vertretern von Verschwörungstheorien). Unsere Welt ist komplex und verlangt daher differenziertes Denken und keine Ignoranz – unsere Probleme sind nicht mit der Pipi-Langstrumpf-Methode zu lösen. Und genau das vermittelt mir der Wecker-Song: Alles wäre schön, wenn wir lieb miteinander wären. Alles wäre gut, wenn wir gut wären. Ich empfinde den Text nicht mehr als „poetisch“ sondern nur noch als peinlich-dümmlich. Man verzeihe mir diese harten Worte. Hat er jemals darüber nachgedacht, dass wir fast alles, was unser Leben sicher und angenehm machen dem Ehrgeiz, der Leistungsgesellschaft und der Anstrengung von anderen Menschen verdanken? Sei es die Spritze beim Zahnarzt, sei es das Fahrrad, das und unweltfreundlich von A nach B bringt, sei es der gute italienische Rotwein, der dem Künstler zu solchen Höhenflügen verhilft, sei es das Radio, welches seine Zeilen in eine Welt trägt, die darauf gewartet hat.

3.) Interessant ist immer bei Artikeln, bei denen es um das Versagen des Westens geht, wie schnell und mit welcher Häme die Putin-Fans und Chinaverehrer auf den Zug springen. Ich weiß nicht wie viele das sind und ob sie alles bezahlte Trolle sind, aber ihre Argumente finde ich oft äußerst problematisch. Neulich habe ich nach „Medien politische Ausrichtung“ gegoogelt. Da taucht an prominenter Stelle ein Schema (mehrfach) auf, bei dem das wesentliche Kriterium zur Beurteilung „Nato-konform oder Nato-kritisch“ ist. ich musste feststellen, dass ich total einseitig informiert bin, weil ich eher auf Medien wie die Süddeutsche, die Zeit oder ähnliches Lese – das ist Pro-Nato Hetze! Zum Ausgleich sollte man öfter bei den Freunden von RussiaToday, china.org oder KenFM reinschauen. Ken Jebsen kennt sich ja auch sonst sehr gut mit alternativen Wahrheiten aus, man frage auch bei Xaver Naidoo nach.

Bleibt noch die Weisheit von Angela Merkel: „Hinterher, im Nachhinein präzise Analysen und Bewertungen zu machen, das ist nicht wirklich kompliziert. Hinterher, im Nachhinein alles genau zu wissen und exakt vorherzusehen, das ist relativ mühelos.“ Ja klar, woher hätte man denn auch wissen können, dass der Winter kommt, dass man schauen hätte sollen, bevor man die Straße überquert, dass CO2 Infrarotstrahlung (= Wärmestrahlung) absorbiert, dass man von Rand der Welt fällt, wenn man zu weit segelt,…

P.S.:

Auch gut: Joe Biden will die Attentäter des Selbstmordanschlags auf dem Kabuler Flughafen zur Rechenschaft ziehen.

P.P.S.:

Das fehlende „i“ bei Xaver Naidoo ist kein Druckfehler sondern soll sein „deutsch sein“ betonen. Nein, das ist nicht rassistisch gemeint sondern eine Anspielung auf den Nationalismus, den dieser Herr an den Tag legt.

P.P.P.S.:

In „Zardoz“ spielt Beethovens 7.Symphonie eine tragende Rolle als Filmmusik. Das ist wichtig, weil es meine Lieblingssymphomie meines Lieblingskomponisten ist und eine Musik (vor allem der zweite Satz), die mich immer wieder zu tiefst berührt und mir eine Gänsehaut macht. Ich bin immer am überlegen, was dieses Stück hat, dass es mich so bewegt und ich bedaure, dass es meine Ausdrucksfähigkeit so überfordert, über Musik zu schreiben. Darin liegt etwas zu tiefst zauberhaftes, sehnsuchtsvolles, melancholisches, leicht schräges – ich bin jedesmal überwältigt! Und warum packen mich dann andere oft Stücke gar nicht?

 

 

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